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Desertion aus der Wehrmacht
Warum erinnern?
Drei Generationen danach ist es soweit: Deserteure und Widerstandskämpfer/innen des 2. Weltkrieges werden in Wien und in Bregenz durch Denkmäler geehrt. Um sie hat es ein Ringen gegeben mit Amtsträgern, die dem Erinnern lieber keinen öffentlichen Raum gegeben hätten und sich erst im Zusammenhang mit dem Festakt auf die Bühne begeben haben. Doch die Zähigkeit der Proponent/innen, allen voran des Personenkomitees Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz, war größer – der Zeitgeist und das Gedächtnis auf ihrer Seite.
„Es muss endlich Schluss sein. Die Gräben sollen endlich zugeschüttet werden, egal was sich darin befindet.“ So äußern sich die Vertreter/innen der alten, falschen Opferthese, die von Schuld und Verbrechen – und von deren wirklichen Opfern - nichts wissen wollen. Lieber blinde Flecken als braune Flecken! Nicht erinnern, sondern verdrängen.
Aber was wäre ein Mensch ohne seine Erinnerung? Geschichte und Geschichten besitzen eine die Persönlichkeit prägende Gestaltungskraft. Ein Mensch ohne Erinnerung wäre ein Wesen ohne Orientierung und ohne die Möglichkeit, seine Wahrnehmungen zu verstehen. Das Erinnern ist ein sozialer Akt, ein Einordnen von Wahrnehmungen in einen gesellschaftlichen Rahmen. Deshalb ist Erinnern ein Wechselspiel zwischen Individuum und Gesellschaft. Die Erinnerungen der Einzelnen und deren Bewegungen formen das kollektive Gedächtnis und dessen Wandlungen.
Denkmäler sind Marksteine des kollektiven Gedächtnisses, in dessen Rahmen Forschungsergebnisse mit Erzähltraditionen von Familien und gesellschaftlichen Kollektiven verwoben werden. Die Denkmäler leisten noch etwas, insbesondere jenes in Bregenz, das die Namen vieler Menschen im Widerstand zeigt/trägt/aufzeigt: Es ist ein Beitrag zur Gerechtigkeit. Im demokratischen Rechtsstaat ist es nicht nur notwendig, Verbrecher/innen zu bestrafen, sondern auch die Opfer zu entschädigen. Doch wie widerfährt jenen Gerechtigkeit, die ihr Leben verloren haben? Die namenlos und teils unauffindbar in Gräben verscharrt wurden? Denjenigen, die in der autoritären Nachkriegszeit weiterhin erniedrigt wurden?
Für sie, ihre Freunde, Freundinnen und Nachkommen können Verluste und Kränkungen durch das Nennen der Namen, das Suchen der Gräber, das Erforschen der Geschichten und das Dingfestmachen der Täter in einen Rahmen gestellt werden, in dem Erinnern möglich ist. Kontaminierte Landschaften gibt es überall. Es gilt noch immer, sie aufzufinden, die Opfer (und die Täter/innen) zu benennen und damit auch den Nachkommen ihre Geschichte zurück zu geben.