Galerie der Aufrechten - Paul Grüninger

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Der einstige St. Galler Polizeikommandant Paul Grüninger (1891–1972) rettete in den Jahren 1938/39 mehrere tausend jüdische Flüchtlinge vor der national-sozialistischen Verfolgung und Vernichtung. Trotz schweizerischer Grenzsperre nahm er sie im Kanton St. Gallen auf, missachtete die Weisungen des Bundes und übertrat Gesetze, um die Flüchtlinge zu schützen. Die Deutschen setzten die Schweizer Behörden von Grüningers Taten in Kenntnis, und im März 1939 wurde er aus dem Polizeidienst entlassen. Leistungsansprüche wurden ihm entzogen, und er wurde wegen illegaler Genehmigung der Einreise von 3600 Juden in die Schweiz und Fälschung ihrer Meldepapiere vor Gericht gestellt. Grüninger wurde im März 1941 für schuldig gesprochen, seine Amtspflicht verletzt zu haben. Er verlor seine Altersversorgung, wurde mit einer Geldstrafe belegt und musste die Kosten des Gerichtsverfahrens übernehmen.
Verfemt und vergessen, verbrachte Grüninger den Rest seines Lebens unter schwierigen Umständen. Dennoch bereute er nie seinen Einsatz: „Es ging darum, Menschen zu retten, die vom Tod bedroht waren. Wie hätte ich mich unter diesen Umständen um bürokratische Erwägungen und Berechnungen kümmern können?“
Erst nach seinem Tod wurden Schritte zu seiner Rehabilitierung unternommen und 1995 hob die Schweizer Regierung das Urteil gegen Grüninger endgültig auf.

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Die Malerin Rebecca Marent beschäftigte bei der Konzeption ihres Portraits besonders, das Grüninger zu Lebzeiten wenig bis keine Anerkennung für seine mutigen Handlungen erfuhr und wie diese Ignoranz seines Umfeldes ihn als Mensch und seinen Weg prägte. Rebecca Marent nimmt diesen Aspekt in ihrem Portrait, welches den älteren Paul Grüninger zeigt, auf. Sie stellt ihn mit einem Blick, der einerseits mit Traurigkeit und Melancholie am Betrachter vorbeischaut, andererseits aber gepaart ist mit einer starken inneren Zufriedenheit das Richtige getan zu haben, dar. Der Bildhintergrund ist abstrakt gehalten, ein immer wiederkehrendes Element in den Malereien von Marent. Dadurch wird der Fokus auf den Portraitierten gelegt und dieser aus einem konkreten räumlichen Umfeld genommen. Die expressive Handschrift und die starken Rottöne visualisieren ein bewegtes Leben ohne gegenständliche Details zu verraten. Als finale Ebene legt Rebecca Marent 3600 Punkte über die Leinwand – einen für jedes Menschenleben das durch Paul Grüninger gerettet wurde.
Rebecca Marent wurde 1984 in Schruns/Österreich geboren, seit 2004 lebt und arbeitet sie in Bremen/Deutschland. Ihre künstlerische Ausbildung absolvierte sie in der Klasse Robert van de Laar im Rahmen des Studium der Kunsttherapie in Ottersberg/Deutschland.